Implantate und COVID-19: Welche Rolle spielt das orale Immunsystem bei der Infektion mit Corona-Viren?

Die Bedeutung des oralen Immunsystems für den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung spielt zunehmend eine wichtige Rolle. „Prävention stärkt die Immunkompetenz am Entstehungsort der Virusinfektion und hilft über diese Fitmacherfunktion, sie zu vermeiden oder ihren Verlauf abzumildern“, stellt der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK), Prof. Dr. Roland Frankenberger (Uni Marburg), fest. (1)

„Eine gesunde Mundhöhle ist immer eine bessere Immunbarriere als eine kranke Mundhöhle“

So Prof. Frankenberger in einem Statement im April. (2) Der Grund: Die Mundhöhle ist die wichtigste Eintrittspforte für das Coronavirus SARS-CoV-2. Denn im Mund befinden sich die meisten Rezeptoren, die das Virus benötigt, um in den Körper zu gelangen. In den Körperzellen vermehrt sich das Virus und erreicht schließlich die Lunge. Deshalb ist ein gesundes orales Immunsystem eine erste Hürde für die Viren. (3)

Als prägnantes Beispiel nennt Frankenberger die in Deutschland weit verbreitete Volkskrankheit Parodontitis. „Ein Patient, der unter einer Parodontitis leidet, hat eine subgingivale Zahnfleischentzündung. Das bedeutet, dass er – häufig unbemerkt – eine offene Wunde im Mundraum trägt. Es ist doch vollkommen klar, dass dadurch einer Erkrankung wie COVID-19 Tür und Tor geöffnet ist“, stellt der Präsident der wissenschaftlichen Dachorganisation der Zahnmedizin (DGZMK) fest. (1)

Zahnimplantate sind ein sensibler Bereich der oralen Immunabwehr

Das Implantat ist eine Schraube aus Titan oder Keramik, die direkt in den Kieferknochen eingebracht wird. Damit diese gut einwächst, ist die Oberfläche so beschaffen, dass sich Knochenzellen gut ansiedeln können. Doch wo Knochenzellen gut haften, sind Bakterien nicht weit. Besonders vom Übergang der Schraube in den Knochen und zwischen dem Verbindungsstück, auf dem die Krone sitzt (dem sogenannten Abutment) siedeln sich häufig Bakterien an, die durch einfaches Putzen nicht entfernt werden.

Dadurch entsteht in vielen Fällen eine Entzündung am Implantat – die Periimplantitis. Diese Entzündung des Gewebes um das Implantat herum verläuft schnell, oft unbemerkt, ist schwer zu behandeln und führt zum Knochenabbau. Laut Studien ist sogar jedes fünfte Implantat (20-22%) davon betroffen. (4)

Diese Zahlen zeigen, dass eine gründliche Oralhygiene und regelmäßige Besuche beim Zahnarzt schon zu normalen Zeiten äußerst wichtig sind – im Zuge der Corona-Pandemie kommt einem gesunden oralen Immunsystem eine besondere Bedeutung zu.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt – Gewebeabbau frühzeitig erkennen

Das Problem bei der Untersuchung auf Parodontitis und Periimplantitis mit den üblichen Standardmethoden, ist die (zu) späte Entdeckung des Krankheitsgeschehens.

Bei der Erhebung des Parodontalen Screening Index (PSI) ermittelt der Zahnarzt mithilfe einer Sonde die Taschentiefe und prüft, ob spontane Blutungen auftreten. Das Problem dabei: mit der Sonde können schädliche Bakterien von einer Tasche in die nächste übertragen oder sogar in tiefere Gewebeschichten „gepiekt“ werden. Sind Taschen messbar, bedeutet das, dass bereits ein deutlicher Gewebeabbau stattgefunden hat, der meistens nicht reversibel ist.

Die zweite Standardmethode sind Röntgenaufnahmen. Ist auf dem Röntgenbild Knochenabbau sichtbar, ist die Entzündung schon tief ins Gewebe bis zum Kieferknochen vorgedrungen und hat dort zum Abbau geführt. Die Folge ist oft ein Verlust des Implantats.

Beide Standardmethoden dokumentieren bereits bestehende Schäden und setzen viel zu spät an. Viel wichtiger ist es, eine Entzündungsreaktion zu diagnostizieren, bevor Spätfolgen wie Taschen oder Knochenabbau überhaupt stattfinden. Denn rechtzeitig erkannt, können diese Spätfolgen und der Verlust des Implantats durch orale Hygienemaßnahmen wirkungsvoll verhindert werden.

Eine echte Früherkennung von entzündlichen Prozessen und einer Aktivierung des oralen Immunsystems ermöglichen immunologische Tests – allen voran der sogenannte aMMP-8-Test.

aMMP-8: Schnelltest zeigt die Fitness des oralen Immunsystems und der Implantate

Wie gesund das orale Immunsystem ist, bestimmt ein einfacher Speicheltest in nur fünf Minuten.

Der sogenannte aMMP-8 Test misst, ob im Mund insgesamt ein Kollagenabbau stattfindet oder auch direkt die Gesundheit jedes einzelnen Implantates. Wird nämlich Kollagengewebe abgebaut, ist die Mundschleimhaut durchlässig für Viren und andere Krankheitserreger – und damit auch für SARS-CoV2 Viren.

Dieser immundiagnostische Nachweis ist einer Röntgenuntersuchung oder dem Test mit einer Sonde weit überlegen. Denn die Produktion des Enzyms aMMP-8 (aktivierte Matrix-Metalloproteinase-8) wird durch ein aktiviertes Immunsystem hervorgerufen – lange bevor sich Schäden mittels Sonde oder im Röntgenbild zeigen.

Forscher der Universität Helsinki und deutsche Biotech-Experten haben diesen einfachen Speicheltest entwickelt und weltweit in über 400 Studien bewiesen, dass er den Zustand des oralen Immunsystems zuverlässig bestimmt.

In vielen Praxen ist dieser Mundspültest als individuelle Gesundheitsleistung für Selbstzahler erhältlich und kostet um die 50,- EUR. Neben der professionellen Variante gibt es auch einen Schnelltest für die Heimanwendung. Ähnlich einfach wie ein Schwangerschaftstest gibt dieser Test Auskunft, ob das Immunsystem bedenklich aktiviert ist oder nicht.

Ist das orale Immunsystem aktiviert und findet dadurch ein Gewebeabbau statt, gilt es, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um die Barrierefunktion der Mundschleimhaut zu erhalten und einen Implantatverlust zu verhindern.

Individuelle Prävention – jeder ist gefragt

Da trotz bester Hygienemaßnahmen eine Infektion mit Corona-Viren nicht ausgeschlossen werden kann, sollte jeder seine orale Immunfitness individuell stärken.

Dazu gehört im ersten Schritt die Kenntnis über die orale Immunabwehr, die mittels aMMP-8-Mundspültest ermittelt werden kann. Sind die Werte erhöht, ist das ein Anzeichen für eine Besiedelung der Mundhöhle mit schädlichen Keimen, Kollagenabbau und entzündliche Prozesse.

Die professionelle Dentalhygiene reduziert die Zahl schädlicher Bakterien und geht der Ursache für Entzündungen auf den Grund. Doch Du kannst auch selbst einiges tun, um Dein orales Immunsystem zu unterstützen. Dazu gehören das ordnungsgemäße Bürsten für zwei Minuten zweimal täglich, die Reinigung mit Interdentalbürsten und die Verwendung von bakterienhemmenden Zahncremes und Mundspülungen.

Die Maßnahmen für ein gesundes orales Immunsystem:

Zu den weiteren Maßnahmen der individuellen Vorsorge gehören:

  • aMMP8 Messung des oralen Immun-Systems (zweimal jährlich)
  • regelmäßiges Zähneputzen (zwei- bis dreimal täglich)
  • die tägliche Reinigung der Zahnzwischenräume (Interdentalbürsten, Zahnseide)
  • das regelmäßige Anwenden geeigneter antimikrobieller Mundspüllösungen
  • Abwechslungsreiche, frische und vitaminhaltige Ernährung
  • Zufuhr von Vitamin C und Vitamin D

Quellen

 

  1. ZahnMedizin stärkt Immunkompetenz der Mundhöhle und kann schlimme Covid-19-Verläufe verhindern; Pressemitteilung der DGZMK; Mai 2020 https://www.dgzmk.de/aktuelles#!/zahnmedizin-staerkt-immunkompetenz-der-mundhoehle-und-kann-schlimme-covid-19-verlaeufe-verhindern
  2. Präsident Professor Frankenberger zur Coronakrise https://www.dgzmk.de/aktuelles#!/praesident-professor-frankenberger-zur-coronakrise
  3. High expression of ACE2 receptor of 2019-nCoV on the epithelial cells of oral mucosa. Xu, Hao & Zhong, Liang & Deng, Jiaxin & Peng, Jiakuan & Hongxia, Dan & Zeng, Xin & Li, Taiwen & Chen, Qianming. (2020). International Journal of Oral Science. 12
  4. Pjetursson BE,Thoma D, Jung R. Zwahlen M, Zembic A. A systematic review of the survival and complication rates of implant-supported fixed dental prostheses (FDPs) after a mean observation period of at least 5 years Clin. Oral Implants Res. 23 (Suppl. 6), 2012, 22–38 doi: 10.1111/j.1600-0501.2012.02546.