Was ist eigentlich ein Zahnimplantat?

Eine Zahnlücke trübt Dein Lächeln und Dein Zahnarzt empfiehlt ein Implantat? Dabei geht es ans Eingemachte, denn Implantate kosten ein erkleckliches Sümmchen. Doch was ist ein Zahnimplantat eigentlich? Hier erfährst Du, was du für eine Entscheidung wissen solltest!

Der Zustand Deiner Zähne ist ein Statussymbol. Ein makelloses Lächeln gehört heutzutage zum Image wie gekonntes Make-up und gepflegte Fingernägel. Die meisten Menschen brauchen dafür Zahnersatz in irgendeiner Form. Deutsche Zahnärzte setzen jedes Jahr schätzungsweise mindestens eine Million Zahnimplantate ein (1). Sie können ein Leben lang halten – aber nur bei guter Pflege.

Was ist ein Implantat – Zahn oder Zahnwurzel?

Uneingeweihte denken beim Wort Implantat zuerst einmal an einen künstlichen Zahn. Doch genau genommen bezeichnet der Begriff nur die künstliche Zahnwurzel. Der Zahnarzt bohrt sie während einer Operation wie eine Schraube in den Kieferknochen. An dieser Wurzel befestigt er später den sichtbaren Teil des Zahnersatzes, die eigentliche Krone.

Zahnimplantat Aufbau: Abutment und Krone

Der gesamte Zahnersatz besteht aus drei verschiedenen Bestandteilen:

  • Implantat – künstliche Zahnwurzel
  • Implantataufbau – Abutment, Zwischenstück zum Zahnersatz
  • Implantatkrone – Suprakonstruktion, vom Implantat getragener Zahnersatz

Implantat: Form und Material von künstlichen Zahnwurzeln

Implantate sind ein gutes Geschäft für alle Beteiligten. Deshalb bemühen sich die Hersteller nach wie vor, das perfekte Implantat zu entwickeln. Mittlerweile gibt es eine riesige Auswahl. So kann Dein Zahnarzt genau das richtige Modell für Dich aussuchen. Am häufigsten sind Schrauben oder Stifte mit einem Durchmesser zwischen drei und fünf Millimetern. Die Länge rangiert von sieben bis 15 Millimeter.

Die meisten Implantate haben heute die Form einer Schraube, entweder zylindrisch oder konisch (2). Welche Form sich für Dich eignet, entscheidet der Zahnarzt. Bei der Voruntersuchung schaut er sich Deinen Kieferknochen genau an. Er muss ausschließen, dass Entzündungen vorhanden sind. Außerdem muss er sich vergewissern, dass sich an der Stelle des Implantats genügend Knochenmasse befindet.

Die Form des Implantats ist wichtig, denn sie beeinflusst das Anwachsen im Kieferknochen (3) (4). Dieser besteht aus verschiedenen Knochenarten. Unter einer dünnen Schicht kortikalen Knochens befindet sich der Trabekelknochen mit schwammiger Struktur. Der größte Teil des Implantats muss im Trabekelknochen einwachsen. Der Zustand dieser Knochenart und ihre langfristige Reaktion auf das Implantat entscheiden über die Haltbarkeit.

Zahnimplantate: Das Material – Titanium oder Keramik

Im Lauf der Zeit haben sich zwei Materialien herauskristallisiert, die bei Zahnimplantaten am häufigsten verwendet werden:

  • Titanium
  • Zirkonia

Titanium war das erste Material, das dauerhafte Implantate ermöglichte. Es wird weltweit seit 40 Jahren eingesetzt und es gibt die meisten Studien und Erfahrungen mit Implantaten aus Titan. Es verträgt sich gut mit dem menschlichen Körper und wächst normalerweise problemlos in den Knochen ein. Deshalb ist es das bevorzugte Metall für diese Aufgabe.

Allerdings ist es möglich, dass empfindliche Menschen Allergien gegen Zusätze von Titaniumlegierungen entwickeln (5). Außerdem kann es vorkommen, dass kleine Metallpartikel vom Titanimplantat in das Gewebe abwandern. Dort häufen sich Makrophagen, Fresszellen des Immunsystems, um diese Teilchen an und führen dazu, dass sich das Gewebe entzündet (6). Titanium heilt jedoch oft schneller ein als Zirkonium (7).

Im Gegensatz zum gräulichen Titanium leuchten Implantate aus hochkristalliner Keramik (Zirkonia oder Zirkoniumoxid) wunderbar weiß. Das ist vor allem bei den Vorderzähnen wichtig. Bei Titaniumimplantaten kann ein dunkler Schatten durch den Zahn hindurchschimmern. Wenn es um die Optik geht, schlägt Zirkonia Titanium.

Manche Menschen mögen auch einfach kein Metall in ihrem Körper und wählen deshalb Schrauben aus Zirkonoxid. Genau genommen handelt es sich dabei um ein Metalloxid mit keramischen Eigenschaften. Aber es sieht so aus wie Keramik, deshalb nennen es selbst Experten einen keramischen Werkstoff.

Beide Materialien sind ähnlich gut für Implantate geeignet. Allerdings zeigen Studien, dass Zirkonia etwas weniger elastisch ist als Titan. In seltenen Fällen kommt es deshalb zu Mikrorissen (8).

Warum ist die Oberfläche eines Implantats rau?

Die Oberfläche der künstlichen Zahnwurzel ist immer aufgeraut, um das Einwachsen im Knochen zu erleichtern (9). Wissenschaftler forschen weltweit seit langem nach der idealen Behandlung der Oberfläche. Im Moment werden vor allem drei Methoden angewandt:

  • Ätzung
  • Sandstrahlung
  • Bestrahlung mit Titan

Knochenzellen brauchen einen Halt, um zu wachsen. Gleichzeitig können sich aber Krankheitskeime an der rauen Oberfläche anklammern und so gut vermehren. Deshalb ist sorgfältige Mundhygiene entscheidend für den langfristigen Erfolg eines Implantats. Ein regelmäßiger Kollagentest zeigt, ob das Gewebe um das Implantat herum gesund ist.

Mittlerweile experimentieren Wissenschaftler mit Nanostrukturen, die Entzündungen entgegenwirken sollen, etwa das Anbringen von Titandioxid in Nanoröhren, Behandlungen mit Fluorid oder Beschichtungen mit Peptiden (10). Allerdings sind diese Forschungen noch nicht weit genug fortgeschritten, um sie bereits bei kommerziellen Implantaten anzuwenden.

Implantate ersetzen nicht nur einzelne Zähne

Neben einzelnen Zähnen können Implantate auch verkürzte Zahnreihen ergänzen. Gibt es nicht mehr genügend Zähne im Kiefer, halten Implantate wie Stützpfeiler Brücken und sogar Vollprothesen. Für eine Totalprothese werden im Unterkiefer in der Regel sechs und im Oberkiefer acht Implantate angebracht.

Seit 2003 gibt es in der Zahnmedizin auch die sogenannte ‚All-on-4’-Methode: Dabei werden Vollprothesen an nur vier Implantaten aufgehängt. Als Haltepfeiler für Brücken und Vollprothesen müssen Zahnimplantate besonders stabil sein, denn die Kräfte beim Zubeißen können enorm sein. Experten schätzen, dass die maximale Kraft beim Kauen 390 Kilogramm beträgt.

Eine Studie im Jahr 2014 zeigte jedoch, dass die durchschnittliche Kaukraft selten 60 Kilogramm übersteigt (11). Demnach kauen Männer meist kräftiger als Frauen. Die Kräfte auf den Backenzähnen sind ungefähr dreimal größer als die Kräfte auf den Vorderzähnen.

Für Brücken kein Abschleifen nötig

Das bedeutet für Implantate: Vorderzähne lassen sich am leichtesten ersetzen. Die Haltezähne für Brücken und besonders für Vollprothesen sollten jedoch extrem starken Belastungen standhalten können. Deshalb sind Implantate mit Haltefunktion meist länger als Implantate, die einzelne Zähne ersetzen (12).

Implantate gut für Freiend-Situationen

Besonders wichtig ist der Zahnersatz bei einer sogenannten Freiend-Situation. Freiend bedeutet: Mehrere Backenzähne auf einer Seite des Ober- oder Unterkiefers fehlen. Betroffene können deshalb nicht mehr ordentlich kauen – das beeinträchtigt die Lebensqualität natürlich entscheidend. Die Lösung dafür können entweder mehrere Implantate für Einzelzähne sein oder eine Brücke, die an einem natürlichen Zahn und einem Implantat aufgehängt ist.

Allerdings ist diese Methode umstritten. Wie alle Körperteile, so sind Zähne bis zu einem gewissen Grad beweglich. Implantate – und damit an ihnen befestigte Brücken – sind jedoch starr verankert. Das kann nach Ansicht von Kritikern dazu führen, dass die beim Kauen entstehenden Kräfte negativ auf den Zahn oder das Implantat einwirken. Eine Übersichtsstudie aus dem Jahr 2017 erbrachte jedoch keinen Beweis für diese Kritik (13). Die Autoren der Studie empfehlen diese Methode ausdrücklich als Zahnersatz in Freiend-Situationen.

Risikoreich: All-on-4-Lösungen

Die All-on4-Implantate werden im vorderen Teil eines vollständig zahnlosen Kiefers eingesetzt. Die beiden vordersten Implantate werden axial platziert, während die beiden hinteren Implantate abgewinkelt eingesetzt werden. Diese Neigung nutzt das vorhandene Knochenmaterial optimal aus. Das ermöglicht die Befestigung von Prothesen mit bis zu 12 Zähnen.

Teuer wird es, wenn bei einer All-on-4-Prothese Probleme auftreten. Die Anbieter werben mit dem Einsetzen der Implantate an nur einem Tag. Allerdings muss die Knochensubstanz dafür geeignet sein. Bei einem vollständigen Zahnverlust ist das meistens nicht der Fall und es muss vor dem Einsetzen der Implantate aufwändig der Knochen aufgebaut werden (14). Das kann zu zahlreichen Komplikationen führen. Falls nur eines der vier Implantate nicht erfolgreich verläuft, muss die Vollprothese entfernt werden. Neue Implantate bedeuten: Eine neue Prothese muss angefertigt werden.

Kontraindikationen für Zahnimplantate

Menschen mit schweren, chronischen Erkrankungen oder Autoimmunerkrankungen sollten auf Implantate verzichten. Dazu zählt Diabetes mellitus, falls die Medikation nicht optimal eingestellt ist. Auch schwere Herz-Kreislauferkrankungen, Nierenschäden oder Osteoporose sind Kontraindikationen. Krankhafte Veränderungen in der Mundhöhle sowie akute Karies und Parodontose verhindern die Implantation ebenfalls.

Erhöhtes Risiko für Raucher
Raucher haben ein stark erhöhtes Risiko für Periimplantitis (15). Darunter versteht man Entzündungen am Zahnfleisch und am Knochen, die häufig zum Verlust des Implantats führen.

Wie schmerzhaft ist ein Zahnimplantat?
Diese Frage lässt sich auf keinen Fall pauschal beantworten. Sie hängt unter anderem davon ab, wie schmerzempfindlich Du bist und wie gut Du auf Schmerzmittel ansprichst. Das Setzen eines Implantats ist mit Aufschneiden von Zahnfleisch und Bohren im Knochen verbunden – Prozesse, die mehrere Tage lang Schmerzen verursachen. Bist Du sehr ängstlich, so kann das die Schmerzen verstärken (16).

Ein bisschen Geschichte: Von Golddraht zu Titaniumschraube

Prachtvolle Zähne waren schon immer ein Privileg der Reichen und Schönen. Bereits vor Tausenden von Jahren versuchten Menschen, Lücken mit naturgemäß etwas primitiven Brücken zu kaschieren (17). Die alten Ägypter befestigten lose Zähne mit Golddraht. Etwas findiger waren die Etrusker in Italien, die Ersatzzähne aus Rinderknochen bastelten.

Moderne Implantation ist das Ergebnis von vielen Versuchen der Zahnmedizin. 1913 setzte der US-amerikanische Zahnarzt E. J. Greenfield die erste künstliche Zahnwurzel, die einen Zahn trug (18). Dieses Implantat sah ein bisschen aus wie ein Korb und bestand aus einer Platinlegierung, die mit Gold verlötet wurde.

Problem: Fremdkörper im Mund

Im Verlauf des 20. Jahrhunderts experimentierten Zahnärzte weltweit mit verschiedenen Materialien und Formen für Zahnimplantate. Ein Problem war, dass der Körper Edelstahl und Keramiken in der Regel als Fremdkörper betrachtete. Deshalb bildete sich oft überflüssiges Bindegewebe um diese Implantate.

Als erster verwendete der schwedische Orthopäde Per-Ingvar Brånemark 1965 Titanium. Er gilt heute als Vater der modernen Implantologie (19). Bei Tierversuchen hatte er entdeckt, dass Messgeräte aus Titan fest mit dem Knochen eines Kaninchens verwachsen waren. Seine ersten Implantate bei einem Menschen begleiteten den Patienten 40 Jahre lang bis zum Tod.

Erst 1982 fand seine Entdeckung jedoch weltweite Beachtung, als er sie in Toronto präsentierte. Seitdem hat sich im Bereich Zahnimplantate viel ereignet. Die Implantologie gilt heute als wichtiger Teilbereich der Zahnmedizin. Weltweit zählt man rund 80 große Hersteller, die Hunderte verschiedener Implantatformen anbieten.

Fazit: Komplikationen vorbeugen

Nach dem Setzen des Implantats ist perfekte Zahnhygiene von entscheidender Bedeutung. Bedingt durch den Aufbau des Implantats, können Bakterien und andere Krankheitserreger über das Abutment bis in den Knochen eindringen. Die raue Oberfläche des Implantats fördert das Einwachsen in den Knochen. Gleichzeitig bietet es hervorragende Angriffsflächen für Keime.

Tägliche Mundduschen, Zahnseide und Mundwasser helfen, Entzündungen zu vermeiden. Darüber hinaus gibt ein Kollagentest Auskunft über den Zustand eines Implantats. Dieser einfache Speicheltest zeigt an, ob es in der Mundhöhle oder am Implantat verstärkt zum Abbau von Kollagen kommt. Bleibt entzündetes Gewebe im Bereich eines Implantats unbehandelt, hat dies häufig den Verlust zur Folge.

Quellenverzeichnis: