Fertilitätsstörung und Frühgeburt – wenn Parodontitis dem Kinderwunsch im Weg steht
Allein in Deutschland gibt es jährlich bis zu 48.000 Frühgeburten. Ursache ist aber nicht immer eine Fehlentwicklung des Kindes. Auch bakterielle Scheideninfektionen, Blutarmut, Gebärmutterhals-Schwächen oder Störungen von Mutterkuchen oder Gebärmutter können eine Geburt vor der 37. Schwangerschaftswoche einleiten.
Mit dem medizinischen Fortschritt steigt zwar die Überlebensrate von Frühgeborenen, nicht immer aber bleiben sie ohne Folgeschäden. Da die inneren Organe meist noch nicht vollends ausgereift sind, können sich Probleme bei der Atmung, dem Stoffwechsel sowie dem Immunsystem einstellen. Auch Spätfolgen wie Autismus, Aufmerksamkeitsdefizitstörungen oder asthmatische Erkrankungen sind bei einer Frühgeburt denkbar. Genauso gefährdet ist die Mutter. Griechische Mediziner und Psychologen kamen in einer umfangreichen wissenschaftlichen Studie zum Thema “Frühgeburt” zu einer eindeutigen Erkenntnis: Mütter, die ihre Kinder zu früh zur Welt bringen, sind anfälliger für psychische Erkrankungen.
Frühgeburt – Risikofaktor Parodontitis
Infektionen, Gebärmuttertumoren und Blutarmut sind längst als Risikofaktoren für Frühgeburten bekannt. Nicht selten aber ist auch die Parodontitis im Gespräch. Parodontologen von der Universität Köln erhärten den Verdacht: Bei Schwangeren mit chronisch entzündetem Zahnfleisch ist das Parodontitis-Risiko bis zu siebenmal höher als bei Schwangeren mit gesundem Zahnfleisch. US-Forscher von der University of Pennsylvania kommen zu ähnlichen Ergebnissen: Während lediglich 7,2 Prozent der parodontalgesunden Frauen ihr Kind vor der 35. Schwangerschaftswoche zur Welt brachten, stieg der Wert bei Parodontitis-Patientinnen auf 23,4 Prozent an.
Ausgehend von den medizinischen Befunden ist die Volksweisheit “Jedes Kind kostet einen Zahn” nicht länger als Mythos abzutun. Hormonelle Veränderungen während der Schwangerschaft schwächen die Abwehrkräfte im Mundraum, das Risiko für Parodontitis steigt. Parodontitis-Bakterien sammeln sich in den Zahnfleischtaschen an, hinterlassen chronische Entzündungen und breiten sich auf das umliegende Zahnfleisch aus.
Fertilitätsstörung und Parodontitis – wenn die Ursache im Mund liegt
Fruchtbarkeit ist keine Selbstverständlichkeit. Allein in Deutschland leiden rund 1.400.000 Menschen an einer Fertilitätsstörung. Bei jedem 5. bis 7. deutschen Paar bleibt der Kinderwunsch unerfüllt. Nicht selten liegt der Auslöser der Fertilitätsstörung in der Mundhöhle. Eine Beobachtungsstudie zum Thema “Fertilitätsstörung” untersuchte bei 3.500 Schwangeren mit und ohne Parodontitis die Dauer bis zur natürlichen Empfängnis (Konzeption). Bei Parodontitis-Patientinnen dauerte es bis zu 7,1 Monate bis zur Konzeption, bei Patientinnen ohne Parodontitis lediglich 5 Monate.
Auch bei parodontalkranken Männern wurde eine Fertilitätsstörung diagnostiziert. Die oralen Bakterien beeinträchtigten die Funktion der Spermien und könnten sich daher hinter einer Fertilitätsstörung verbergen. Nicht umsonst empfiehlt Studienautor Roger Hart Paaren mit Kinderwunsch, regelmäßig ihre Mundgesundheit überprüfen zu lassen.