Der Zahnarzt erkennt viel mehr als Erkrankungen der Zähne

Wer glaubt, der Zahnarztbesuch schützt nur vor Erkrankungen der Zähne und des Zahnfleisches, erfasst nur einen Teil der Möglichkeiten. Der Zahnarzt kann deutlich mehr erkennen. Erkrankungen der Verdauungsorgane zeigen sich beispielsweise an weißen Belägen auf der Zunge. Erste Anzeichen von Osteoporose sind an der Abnahme der Knochensubstanz im Kieferknochen erkennbar. Auch Diabetes wird häufig zuerst beim Zahnarzt durch sich auffällig lockernde Zähne erkannt. In den vergangenen Jahren widmeten sich Forscher vermehrt der Frage nach Zusammenhängen zwischen Zahnfleischerkrankungen wie Parodontitis und systemischen Erkrankungen wie Leukämie, Diabetes, Schuppenflechte, Rheuma. Mit großem Engagement beschäftigten sich Wissenschaftler mit der Frage nach möglichen Zusammenhängen zwischen Alzheimer und Parodontitis. Der Grund für das gestiegene Interesse waren Erkenntnisse eines Forscherteams der Chung Shan Medical Universität in Taiwan. Die Forscher stellten bei älteren Menschen, die an Zahnfleischentzündungen litten, ein um 70 Prozent höheres Alzheimerrisiko fest. Mehr als 24 Millionen Menschen sind weltweit an Alzheimer erkrankt. Morbus Alzheimer gilt als häufigste Ursache für Demenz. Das deutlich erhöhte Erkrankungsrisiko bei Parodontitis-Patienten lässt die Vermutung zu, dass parodontale Entzündungen im Körper den Ausbruch einer Alzheimer-Demenz begünstigen und möglicherweise beschleunigen.

Der Verlauf einer Parodontitis

Die Parodontitis oder Parodontose gilt als Volkskrankheit. Durch bakteriellen Zahnbelag entwickelt sich eine Entzündung im Zahnhalteapparat, die unbehandelt zum Verlust der Zähne führt. Die Zahnfleischentzündung verläuft zunächst vom Patienten unbemerkt, da sie keine Schmerzen oder Beschwerden verursacht. Der Zahnarzt kann sie jedoch im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung frühzeitig erkennen. Erste Anzeichen sind Zahnfleischbluten und eine Erhöhung der Empfindlichkeit der Zahnhälse. Der Zahnarzt empfiehlt in diesen Fällen eine Parodontitisbehandlung. Dabei werden die Zahntaschen gründlich gereinigt und entzündetes Gewebe entfernt. Auch wenn die Häufigkeit der Erkrankung im Alter deutlich zunimmt, sind bereits 40-jährige von Parodontitis betroffen. Umso eher die Behandlung beginnt, umso besser können Patienten vor einem Verlust der Zähne und dem Entstehen von Folgeerkrankungen geschützt werden.

Die Verbindung zwischen Parodontitis und Alzheimer

Die Alzheimerkrankheit betrifft hauptsächlich ältere Personen. Unter den über 85-jährigen sind mehr als die Hälfte von Alzheimer-Demenz betroffen. Die Zahl der Alzheimer-Patienten in Deutschland auf etwa 700.000 geschätzt. Bis 2050 wird ein Anstieg der Patientenzahl auf über zwei Millionen erwartet. Bislang sind die genauen Ursachen nicht geklärt. Bei jüngeren Patienten sind genetische Faktoren und Mutationen erkennbar, bei älteren Patienten stehen vor allem Schadstoffbelastungen sowie familiäre Häufungen im Mittelpunkt der Untersuchungen. Immer öfter werden Entzündungen als Ursache für die Alzheimererkrankung diskutiert. Parodontitis ist eine chronische, in entzündlichen Schüben verlaufende Erkrankung. Die Ursache sind Bakterien, die das Zahnfleisch durchdringen. Zunächst wird beim Eindringen der Bakterien eine starke Immunabwehr veranlasst. Das hochempfindliche Zahnfleisch beginnt in dieser Zeit bereits durch kleinste mechanische Reizungen zu bluten. Zahnfleischbluten entsteht beim Putzen der Zähne oder beim Kauen härterer Lebensmittel. Über die Blutbahn gelangen so Keime aus dem Mund in den Organismus, wodurch andere Erkrankungen begünstigt werden. Bekannt sind Fälle, in denen die Zahnfleischentzündung ein unklares Fieber hervorgerufen hat. Erst nachdem die Verbindung zur Infektion in der Mundhöhle erkannt und behandelt wurde, konnte das Fieber abklingen. Das Durchdringen der Blut-Hirn-Schranke von Keimen kann zu schweren Beeinträchtigungen führen. Beispiele sind die Neuroborreliose, bei der Borrelien in das Gehirn vordringen oder die Neurosyphilis, bei der Syphiliskeime Veränderungen im Gehirn verursachen. Bei Untersuchungen von Gehirnen verstorbener Alzheimer-Patienten konnten Wissenschaftler in einer Vielzahl der behandelten Fälle einen Keim identifizieren, der mit dem Parodontitis-Keim eng verbunden ist. Experimente an Mäusen konnten die Annahme eines Zusammenhanges zwischen Parodontitis und Alzheimer unterstreichen. Mäuse, die mit einem Parodontitiskeim infiziert wurden, wiesen Veränderungen im Hippocampus auf. Einem Forscherteam der University of Illinois at Chicago gelang der Nachweis, dass parodontale Bakterien die Entstehung seniler Plaques in der Hirnsubstanz fördern. Die Plaques gelten als Ursache für Neuropathien, die in Verbindung mit der Alzheimererkrankung auftreten. Insbesondere der sogenannte „Markerkeim“ Porphyromonas gingivalis kann in über 50 Prozent der parodontalen Erkrankungen nachgewiesen werden. Er gilt als Leitkeim für schwere Formen der Parodontitiserkramkung und ist damit für den Verlust von Zähnen verantwortlich. Darüber hinaus wurde der Porphyromonas gingivalis im Gehirn von Alzheimer-Patienten eindeutig nachgewiesen, da er dort sogenannte „toxische Proteasen“ bildet, die die Neurodegeneration fördern. All diese Ergebnisse stärken die Vermutung, dass Erkrankungen des Zahnfleisches in einem direkten Zusammenhang zu Alzheimer und anderen Erkrankungen stehen können.

Sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeiter für die Chance einer guten Prophylaxe!

Viele Menschen haben große Angst, an Alzheimer zu erkranken. Auch wenn bis heute noch nicht umfassend geklärt werden konnte, warum genau die Zahl der Alzheimererkrankungen bei Parodontitispatienten erhöht ist, lohnt sich die Vorsorge. Immer mehr Arbeitgeber erkennen die Parodontitisgefahr für die Gesunderhaltung der Mitarbeiter. Während die Zahngesundheit bisher im Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) wenig Beachtung fand, haben die aktuellen Studienergebnisse zu den möglichen Verbindungen zwischen Parodontitis und Alzheimer ein Umdenken bewirkt. Immer mehr engagierte Arbeitgeber organisieren im Rahmen des BGM Mundgesundheitstage, um ihre Mitarbeiter mit Vorträgen, Ausstellungen und Aktionen für die Gefahr parodontaler Erkrankungen zu sensibilisieren. Machen Sie mit!