Parodontitis und Rheuma – schleichende Gefahr fürs Gelenk

Geschwollene, warme und chronisch schmerzende Gelenke erhärten sogleich einen Verdacht: Rheuma. Mit “Rheuma” allein ist die Diagnose aber noch nicht abgeschlossen. Schließlich umfasst sie mehr als 100 verschiedene Krankheitsbilder, ausgelöst durch Abnutzungen (Arthrose), Stoffwechselstörungen oder Entzündungen, die sich vornehmlich im Bewegungsapparat widerspiegeln. Als häufigste Form gilt die rheumatoide Arthritis, eine rheumatisch-entzündliche Erkrankung. Anders als bei der Arthrose hat sie nichts mit mechanischer Abnutzung, sondern mit Störungen im Immunsystem zu tun.

Ein Fehler schleicht sich in das Immunsystem ein und wirkt sich auf die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) aus, die Antwort des Körpers auf Viren, Bakterien, Gifte und Krebszellen. Durch die Störungen im Immunsystem können die Abwehrmechanismen nicht mehr eindeutig zwischen körpereigen und körperfremd unterscheiden, sodass sie auch körpereigenes Gewebe befallen. Hauptleidtragender ist die Innenwand von Gelenken, Schleimbeuteln und Sehnenscheiden, die die Gelenkflüssigkeit produziert und damit die Reibung an den Gelenkflächen mindert.

Erste Symptome sind Schwellungen, morgendliche Steifheit, Schmerzen und Überwärmung, die sich primär in den Grund- und Mittelgelenken von Fingern und Zehen bemerkbar machen. Genauso kann es aber auch andere Gelenke wie Knie, Hüfte, Schulter oder Halswirbelsäule treffen. Nicht selten führt Rheuma auch zu Gelenkverformungen und schlimmstenfalls Gelenkzerstörungen.

Rheumatoide Arthritis – wenn die Gelenke arbeitsunfähig machen

In Deutschland lebt circa ein Prozent der Bevölkerung mit rheumatoider Arthritis. Frauen trifft es dabei dreimal häufiger als Männer. Da die Gelenkerkrankung oft erst spät erkannt und behandelt wird, leiden viele Betroffene an weitreichenden Folgeerscheinungen: Sie fühlen sich in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt und klagen über Deformitäten der Gliedmaßen. Eine Studie von Mau und Zeidler bringt das Leiden auf den Punkt: Innerhalb der ersten drei Jahre berichten 70 Prozent der Betroffenen über erosive Veränderungen, 31 Prozent über Handdeformitäten und 25 Prozent werden krankheitsbedingt berentet. Ganze 50 bis 60 Prozent aller Patienten melden 10 Jahre nach der Diagnose Arbeitsunfähigkeit an.

Parodontitis – Gift für die Gelenke

Laut Hippokrates kann eine Zahnextraktion Gelenke heilen. Aktuelle wissenschaftliche Studien geben dem berühmten Mediziner recht. Forscher der University of Washington in Seattle fanden heraus, dass Patienten mit Parodontitis achtmal so stark für rheumatoide Arthritis empfänglich sind als Patienten ohne Parodontitis. Als Schnittstelle zwischen Rheuma und Parodontitisvermuten sie Porphyromonas gingivalis, ein nachgewiesenes Bakterium in den Zahnfleischtaschen, das für Entzündungen im Zahnfleisch verantwortlich ist. Zugleich konnten ähnliche Entzündungsstoffe wie etwa das Enzym MMP-8 (Matrix-Metalloproteinase-8) festgestellt werden – bei Parodontitis-Patienten im Zahnhalteapparat, bei Rheuma-Patienten an den Gelenkwänden. Ist der Enzymwert zu hoch, greift er sowohl Gewebe und Knorpel als auch die Fasern des Zahnhalteapparats an.

Eine weitere Beobachtung: Bei konsequenter Behandlung der Parodontitis, gehen die Entzündungsmarker im Blut der rheumatoide Arthrose-Patienten merklich zurück. Nicht ohne Grund legen Spezialisten eine engere Zusammenarbeit von Allgemein- und Zahnmedizin zur erfolgreichen Therapie von Rheuma und Parodontitis nahe.